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StA München im Abo-Fallen-Streit: Keine Beihilfe durch RAin Katja Günther – vielleicht Begünstigung?

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Einstellung des Verfahrens gegen RAin Katja Günther wegen Beihilfe zum Betrug meldet die Augsburger Allgemeine am 10.03.2010. Es seien ungefähr 1 Mio. (!) Inkasso-Vergänge für dubiose Online-Abo-Dienste erfolgt, ca. 3500 Beschwerden bei der Anwaltskammer München eingegangen und ca. 1000 Strafanzeigen bei der zuständigen Staatsanwaltschaft München. Aufgrund des Unterschieds zwischen Zivil- und Strafrecht könne aber der Vorwurf der Beihilfe zum Betrug nicht nachgewiesen werden, so nun die StA München. Ein Inkasso bei „unsicherer Rechtslage“ reiche nicht für eine Beihilfe zum Betrug, wird in der Berichterstattung hervorgehoben. Doch lag vielleicht eine Begünstigung vor …?

Strafbarkeit der Online-Abo-Fallen?

Zunächst wäre also strafrechtlich zu fragen, ob denn die Abo-Dienste selbst einen Betrug begangen haben. Vor einer Beihilfe ist nämlich strafrechtlich immer zu prüfen, ob eine strafbare Haupttat vorliegt. Wäre ja zu verwunderlich, wenn die StA München in einem 26-seitigen Einstellungsbescheid ausgerechnet das Vorliegen einer Haupttat nicht geprüft hätte. Schon hierzu schweigt sich aber leider der oben genannte Zeitungsbericht aus. Hoffentlich ist die nicht auch für den angeblich 26-seitgen Einstellungsbescheid der Fall: Eine Beihilfe ist eine akzessorische Tat. Also muss strafrechtlich erst einmal die Haupttat geprüft und bejaht oder verneint werden. Die Mittelung über diese Einschätzung der Online Abo-Fallen selbst, u. a. Online Contend Ltd., dürfte auch schon viel an Rehabilitation für die Opfer bedeuten. Immerhin haben schon zwei Gericht in Zivilverfahren inzident geprüft, ob die Forderungsstellung aus Online-Abo-Fallen einen Betrug darstellen und dies bejaht! (AG Marburg, Urt. v. 8. 2. 2010, Az. 91 C 981/09 und AG Karlsruhe, Urteil vom 12.08.2009, Az. 9 C 93/09 – auf diesem Blog)

Strafbarkeit der Beihilfe

Wenn es im Bericht weiter mit Bezug auf den Einstellungsbescheid heißt:

Das Einfordern von Geld „bei unsicherer Rechtslage“ reiche nicht aus, um als Betrug geahndet zu werden.

so ist zu fragen, ob dies nicht zu sehr eine zivilrechtliche Einschätzung darstellt. Bei strafrechtlicher Prüfung der Beihilfe zum Betrug ist ja zunächst eine Prüfung erfoderlich, ob überhaupt ein Betrug durch die Abofallen besteht. Wird dies bejaht, ist die Rechtslage nicht unsicher. Es kann dann nur die Frage sein, ob die Rechtsanwältin dies wußte und wissen musste.

Es geht darum, ob subjektiv bei der Anwältin der Vorsatz zur Beihilfe zu einer Straftat seitens der Abo-Fallen-Betreiber vorlag. Ist allerdings nicht geprüft und entschieden ob die Abo-Falen-Betreiber immer wieder durch Vorspiegelung einzelner Forderungen einen Betrug begingen oder einen Betrug versuchten, dann fehlt es an einer beihilfefähigen Haupttat.

Lag eine Haupttat vor, also ein Betrug im Sinne von § 263 StGB durch die Forderungsstellung der Abo-Fallen-Betreiber, wäre auf jeden Fall eine strafrechtliche Verfolgung der Abo-Fallen-Betreiber erforderlich. Dies haben ja schließlich mehr als eine Millionen Forderungen gestellt. Doch welche Staatsanwaltschaft will schon entscheiden, dass so viele Verfahren geprüft und verfolgt werden sollten?

Nötigung oder doch Begünstigung

Die Staatsanwaltschaft hat immerhin auch geprüft, ob nicht eine eigene Straftat durch RAin K. Günther verwirklicht wurde:

Auch Nötigung könne Katja Günther nicht nachgewiesen werden, meint die Staatsanwaltschaft weiter. Eine Nötigung im strafrechtlichen Sinne ist eine „Drohung mit einem empfindlichen Übel“. So etwas mache Katja Günther nicht. „Nach dem Erhalt des 4. Mahnschreibens mag von dem Empfänger subjektiv ein gewisser Druck empfunden werden“, räumt die Staatsanwaltschaft zwar ein. Allerdings könne Opfern von Abofallen im Internet „ohne weiteres zugemutet werden“, sich einer möglichen zivilgerichtlichen Auseinandersetzung zu stellen.

„Jedem Bürger zumutbar, Druck standzuhalten“

Ähnlich die Argumentation der Münchner Staatsanwaltschaft, wenn es um den Text „Themenschwerpunkt Strafrecht“ geht, den Günther in ihren Mahnungen oft prominent platzierte. Das wecke zwar bei manchen Menschen die Angst vor strafrechtlichen Folgen, wenn man nicht zahle. Den schwarzen Peter schiebt die Staatsanwaltschaft allerdings auch hier den Opfern zu: „Es ist jedem Bürger zuzumuten, einem solchen „Druck“ standzuhalten“. (Augsburger Allgemeine vom 10.03.2010)

In dem Bericht vermißt ein Jurist allerdings eine Erwähnung des Ergebnisses der Staatsanwaltschaft zu weiteren Straftatbestand des § 257 StGB:

§ 257 StGB [Begünstigung]

(1) Wer einem anderen, der eine rechtswidrige Tat begangen hat, in der Absicht Hilfe leistet, ihm die Vorteile der Tat zu sichern, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (…)

Immerhin hatte das AG Karlsruhe (Urteil vom 12.08.2009, Az. 9 C 93/09) noch formuliert:

„Nach dem unbestrittenen Vortrag der Klägerin hat sie in vergleichbaren Fällen nach Androhung negativer Feststellungsklagen mehrfach erklärt, die entsprechenden Rechnungen würden storniert. Dies zeigt, dass die Beklagte selbst davon ausging, dass die von ihr geltend gemachten Forderungen nicht existieren.“

Wird daraus nicht der Schluss der Beihilfe zum Betrug gezogen, wie durch das AG Karlsruhe, so kann dennoch die Begünstigung zu prüfen und mit guten Gründen zu bejahen sein.

Wie der Kollege Udo Vetter in seiner Mitteilung im LawBlog zu dem Bericht der Augsburger Allgemeine unter „Weiße Weste für Katja Günther“ festellt, wird also wohl erst der Einstellungsbescheid der StA München abzuwarten sein. Wäre ja zu ärgerlich, wenn die StA München in einem 26-seitigen Einstellungsbescheid ausgerechnet keine Feststellung zur Haupttat getroffen und die Begünstigung nicht geprüft hätte.

Zuständigkeit für Freisprüche: Die Gerichte!

Angesichs der umfangreichen belastenden Umstände hätte es m. E. aber grundsätzlich näher gelegen, dass ein Gericht über diesen Fall entscheidet. Die Staatsanwaltschaft hätte durchaus auch die Klage zulassen können, um gerichtlich klären zu lassen, ob eine Straftat vorliegt oder die Rechtsanwältin durch Urteil von den tausendfachen Vorwürfen freizusprechen ist. Es befremdet angesichts der zahlreichen Beschwerden und Anzeigen also schon, dass die Staatsanwaltschaft München durch die Einstellung eine Gerichtsentscheidung – die ja auch den „Freispruch“ für Frau RAin Günther bewirken könnte –  nicht ermöglicht. In jedem Fall sind Freisprüche noch den gesetzlichen Richtern und damit den Gerichten vorbehalten. Wohl mit gutem Grund.

Rechtsanwalt Siegfried Exner, Kiel – www.jur-blog.de


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